2013 ist es so weit: Richard Nixons hundertjähriges Jubiläum steht an. Ein Datum, das so manchen Quäker erschaudern lässt. In Deutschland ist es angebracht einmal zu fragen: Quäker Nixon – ist es wahr? Kann es überhaupt wahr sein? Ja, es führt kein Weg daran vorbei: an der Spitze der einflussreichsten Quäker überhaupt steht leider nicht John Woolman oder Ben Pink Dandelion, sondern: Richard Nixon.
Nixon war neben dem Republikaner
Herbert Hoover (1874-1964) der zweite amerikanische Präsident, der der
Quäker-Religion angehörte. Was Nixon wirklich vom Quäkertum verstanden hat und
in welchem Maße Quäkertum sein Handeln – wenn überhaupt –
beeinflussten, bleibt umstritten. Bis in die jüngste Vergangenheit wurde in
Quäkerkreisen die Zugehörigkeit Nixons zum Quäkertum heruntergespielt oder gar
bestritten. Zwar sprachen sich im Januar 1974 über 200 amerikanische Quäkerversammlungen
dafür aus, ihn auszuschließen - doch das fand in seiner lokalen Quäkergemeinde
keinen oder wenig Anklang. Es ist bemerkenswert: Mitglieder wurden wegen
kleiner Lappalien wie Alkoholkonsum oder Universitätsbesuch ausgeschlossen,
aber nicht derjenige, der Hunderttausende von Menschenleben auf seinem Gewissen
hat.
Nicht Badman oder Sido haben die bekannteste Maske, sondern Richard Nixon.
In den letzten Jahren ist Nixons
Quäkertum erstmals wissenschaftlich näher untersucht worden. Larry Ingle,
selbst Quäker und emeritierter Geschichtsprofessor der University of Tennessee
in Chattanooga, arbeitet bereits seit Jahren zu Nixon. 2011 waren fünf Kapitel
einer Nixon-Biographie abgeschlossen, doch das Projekt geriet unerwartet ins
Stocken, nachdem die Nixon-Bibliothek in Yorba Linda sich weigerte, Unterlagen
zu der Jugendzeit Nixons und seinem Quäker-Hintergrund herauszugeben. Dennoch
ist inzwischen bekannt geworden, dass Nixon schon in früher Jugendzeit die
Sonntagsschule der Quäker besuchte und dort die Jüngeren in „Quäkerkunde“
unterrichtete – es wäre lohnend, einmal solche ehemaligen Schüler über den
Unterricht Nixons zu befragen. Herkömmliche Zeugnisse der Quäker, wie das
Verweigern von Eiden oder der Pazifismus, wurden von Nixon jedenfalls nicht
gelebt oder doch zumindest recht eigenwillig interpretiert. Dazu einige
Beispiele: Bei zahlreichen Amtseinsetzungen schwörte er auf die Bibel. 1968
wurde er mit dem hochheiligen Versprechen gewählt, den Vietnamkrieg zu beenden,
doch Nixon schickte dann 100.000 neue Soldaten an die Front. Es sei eben
notwendig geworden. Nach seinem Amtsverzicht erklärte er sein Verständnis von
Gesetzesmäßigkeit in der berühmt gewordenen Aussage: „Wenn der Präsident es
tut, ist es nicht illegal“. Gleichzeitig hat er aber stets Andachten und
Gottesdiensten beigewohnt, die, als er noch Präsident war, im Ostflügel des
Weißen Hauses stattfanden. Hier soll es gewesen sein, wo er, auf dem Höhepunkt
der Regierungskrise, zu seinem Berater Kissinger sagte: „ich bin kein orthodoxer Quäker, du kein orthodoxer Jude, lass uns gemeinsam auf die Knie gehen und
beten“.
Wer war dieser Mensch gewesen?