20121231

Vom Islam und der Seelenwanderungs-Lehre: George Keith (1638-1716)

Es ist so gut wie unbekannt, dass die Quäker auch eine islamische Wurzel haben. Ich verdanke den Hinweis auf die folgenden Überlegungen Professor G. Lischke, dem ich zu einem besonderen Dank verpflichtet bin, dass er mich auf diese spannenden Zusammenhänge aufmerksam machte: Ibn Tufail (1105-1185) war Leibarzt und Wesir des Almohaden-Kalifs Abu Jakub Jusuf. Seine Schriften sind leider verloren, mit einer Ausnahme: Den zur Falasafa des Islam gehörenden Romans „Hayy ibn Yaqzan“ (erwähnenswert ist, dass er der Lehrer und Förderer des größten islamischen Philosophen, Abu Walid Ibn Rushd war, dessen Aristoteles-Kommentar bis heute als einer der Besten gilt).

Manfred Pollatz und sein Engagement für Juden

Bislang wurden gerade einmal vier deutsche Quäker in Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrt. Es handelt sich um Gertrud Luckner 1966, Elisabeth Abegg 1967 sowie Gerhard und Ilse Schwersensky 1985. Natürlich habe noch weitere Quäker während des Dritten Reiches Juden geholfen, doch das Antragsverfahren in Yad Vashem ist, aus guten Gründen, langwierig und kompliziert. Manfred Pollatz könnte durchaus der nächste sein, dem so eine Ehrung zu Teil wird. 

20121230

Erklärung zur Schuldfrage 1946

Mein Dank geht an Herrn Karl-Heinz Voigt, der mir kurz vor Weihnachten einige Unterlagen zu den Quäkern geschickt hat. Neu und bei den deutschen Quäkern selbst so gut wie nicht bekannt ist, dass schon 1945 eine Erklärung zur Schuldfrage von amerikanischen Quäkern verabschiedet wurde. Angeregt wurde das Dokument wohl durch das Stuttgarter Schuldbekenntnis, das zur gleichen Zeit entstand. Maßgeblich beteiligt auf Seiten der Quäker war Clarence E. Pickett (1884-1965), einer der bedeutenden Theologen in den Reihen der Quäker. Ein Jahr später sollte Pickett in Oslo den Friedensnobelpreis für Quäker-Hilfseinrichtungen in Empfang nehmen.

Die Erklärung zur Schuldfrage wurde im Verordnungs- und Nachrichtenblatt, Januar 1946, auch in deutscher Sprache öffentlich gemacht:







"Quäkerin in Deutschland hingerichtet" - eine Schlagzeile aus dem Jahre 1721

In alten Zeitschriften findet man manchmal die interessantesten Meldungen. In der angesehenen Vossischen Zeitung brachte die Nummer 146 aus dem Jahre 1721 eine für die Quäker-Geschichtsforschung - und nicht nur für diese - spannende Nachricht, die ich hier im Wortlaut wiedergebe:

Halberstadt, den 26. Novemb. Verwichenen Freytag ist alhier das fameuse Frauens-Mensch aus Halle gebürtig, namentlich Maria Lincken, auf dem Marckt durch das Schwerdt gerichtet worden, welche vor einigen Jahren nicht allein als Soldat unter verschiedenen Trouppen im vorigen Brabantischen Kriege Dienste gethan, sondern auch ehemals als ein Deserteur hat sollen aufgehenket werden, aber da sie als eine Weibs-Person erkant, pardoniret worden; diese hat sich alhier als eine Mannes-Person mit einer Weibes-Person öffentlich proclamiren und copuliren, auch nachhero ferner in Helmstedt als eine Quäckerin, angegeben und öffentlicher weise noch einmal tauffen lassen, worüber sie ertappet, und den verdienten Lohn erhalten hat".

Keith Ward: Religion und Gewalt - kritischer Beitrag zum Quäker-Pazifismus

Der Pazifismus der Quäker ist einerseits das einigende Band, das die ansonsten eher unterschiedliche Religionsgemeinschaft nach innen eint, andererseits eine Ansicht oder Haltung, die nachvollziehbarer Weise leicht angegriffen werden kann und nicht jedermann überzeugt (auch nicht jeden Quäker übrigens, da das Quäkertum den Pazifismus nie zum "Dogma" erhoben hat). Was bis heute fehlt, ist eine solide durchdringende Arbeit zum Pazifismusproblem seitens der Quäker - weniger vom ethisch-moralischen, sondern vielmehr vom theologischen Standpunkt aus. Keith Ward hat nun im Dezember 2012 auf der Seite der "Vereinigten Bibelgruppen in Schule, Universität, Beruf" kritische Worte zu den Quäkern gefunden, in dem insgesamt äußerst erhellenden und lehrreichen Artikel "Religion - gefährlich oder nützlich?". Richtig schreibt der Autor: "Naive Vorstellungen helfen nicht weiter". Wer sich näher für dieses wichtige Thema interessiert, kann wohl mehr in dem Buch von Ward erfahren:

Keith Ward: Religion – gefährlich oder nützlich?. ISBN 3783130069, Kreuz-Verlag 2007, 255 Seiten.

Das Lehrhaus: ein Toleranztempel in Berlin

Noch ist der Petriplatz in Berlin eine Einöde. Eines Tages soll hier einmal ein „Lehrhaus“ für Juden, Moslems und Christen gemeinsam errichtet werden. Beteiligt ist die Jüdische Gemeinde, das Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam, das Forum für Interkulturellen Dialog und die Evangelische Gemeinde St. Petri/St. Marien.
Es gibt nun erste Entwürfe für den Bau des Architekturbüros Kuehn Malvezzi, die Entwürfe kann man in der Berliner Parochialkirche ansehen.
So in etwa könnte es einmal aussehen: das Berliner Lehrhaus.

Der Gedanke eines Pantheon für alle Religionen ist keineswegs neu; es gab in der Geschichte immer wieder solche Projekte. Selbst Friedrich II. wollte einen Tempel für alle Religionen errichten, was ihm jedoch sein Bischof persönlich wieder ausredete. 

Klaus von Prümmer: Einst in Newton

Es stand in der FAZ, und zwar in der Ausgabe vom 27.12.2012: In Newton in Neuengland lebte M. Asenath Johnson, die man "Johnny" nannte. Die resolute Quäkerin arbeitete ab 1947 in dem Nachbarschaftsheim, welches Amerikaner in Bockenheim, einem Stadtteil von Frankfurt, eingerichtet hatten. Dort sollten vor allem Nationalsozialisten zu sozialem und demokratischem Verhalten erzogen werden. Im Rahmen von Resozialisierungsstudien müssten diese Heime einmal näher untersucht werden. Asenath Johnson hat dort segensreich gearbeitet und ist auch heute noch manchem in Erinnerung.

Verspätestes Weihnachtsgeschenk: ein Kunstwerk von Eberhard Tacke


Von privater Seite wurde mir ein Kunstwerk von Eberhard Tacke angeboten. Es hat den Titel "Betergemeinschaft", datiert auf 1955, und ist 65 x 42 cm groß, wobei die Rahmengröße 100 x 89 cm beträgt. Wer also Interesse hat und mehr darüber erfahren möchte, kann sich bei mir melden, ich vermittle dann den Kontakt. Ich kenne viele Arbeiten von Tacke und kann ohne weiteres bestätigen, dass diese einer seiner schönsten und ausdruckstarksten Werke ist.


Neuerscheinung: Zivile Konfliktbearbeitung (2012)


Welche Konzepte leiten zivile Konfliktbearbeitung an? Und woran ist sie friedensethisch orientiert? Wie wird das Konfliktverhalten beeinflusst und welche Lehren lassen sich aus der Praxis ziehen? Das folgende Buch:

Zivile Konfliktbearbeitung. Vom Anspruch zur Wirklichkeit, Leverkusen-Opladen 2012, 250 Seiten (ISBN ISBN 978-3-8474-0031-8, Euro 26, 90)

behandelt normative Begründungen ziviler Konfliktbearbeitung und ihre Ableitung aus Konflikttheorien. Damit sorgen die Autoren für eine theoretische Fundierung ziviler Konflikttransformation und benennen Voraussetzungen und Indikatoren für deren Erfolg. Der jetzt erschienene Band verbindet Friedensforschung und Friedenspraxis. Er fragt nach den Wirkungen ziviler Konfliktbearbeitung und trägt so zu deren Weiterentwicklung im Rahmen deutscher Friedens- und Sicherheitspolitik bei.

Ich zitiere aus dem Inhalt:
· Winfried Nachtwei: Zivile Konfliktbearbeitung: Vom Anspruch zur Wirklichkeit
· Andreas Heinemann-Grüder/Isabella Bauer: Konzepte und Handlungsfelder
· Ulrich Schneckener: Reden mit Störenfrieden
· Michael Ashkenazi/Jan Grebe: Traditionelle Konfliktbearbeitung
· Friedel Hütz-Adams: Unternehmen als Verursacher von Konflikten und ihr Beitrag zur Transformation
· Karoline Caesar: Leuchttürme ziviler Konfliktbearbeitung

20121219

Quäker der Woche (25): Pierre Ceresole


Source: wikimedia
Pierre Ceresole wurde am 17. August 1879 als der Zweitjüngste von sechs Brüdern und drei Schwestern in Lausanne geboren. Seine Familie war wohlhabend. Sein Vater Paul Ceresole war einst Colonel der Schweizer Armee, arbeitete dann als Schweizer Bundesrichter und war Mitglied des obersten Gerichtes der Schweiz in Lausanne. Er betätigte sich auch im Bundesrat und war Mitglied der schweizerischen Landesregierung. 1873 war er Bundespräsident. Seine Ehefrau Emma Ceresole verstarb 1888, was besonders für Pierre Ceresole ein herber Verlust war. Der talentierte Sohn erhielt eine sehr gute klassisch-humanistische Ausbildung am Kollegium zu Lausanne. Im Alter von siebzehn Jahren hatte er 1896 ein eigenartiges Erlebnis: Während eines Spaziergangs im Wald von Gantenaz sah er einen „blendenden Lichtblitz“, den er als Wahrheitsvision oder Dienstauftrag der Wahrheit beschrieb.

20121209

Quäkertum auch über den Äther

Es ist zwar noch eine Zeitlang hin, aber dafür kann man sich auch länger darauf freuen: das akustische „Wort zum Tage“ wird am 5. Mai 2013 von den deutschen Quäkern gestaltet (Deutschlandradio Kultur, UKW 89,6, 6.56). Bislang hat Horst Konopatzky aus Berlin sich dieser Herausforderung gestellt, eine Glaubensgemeinschaft, die um das Schweigen versammelt ist, adäquat im Radio zu präsentieren. Im Quäkerbüro Berlin besteht auch die Möglichkeit, ältere Sendungen auf einer CD nachzuhören.

Veranstaltung: „In jedem Menschen das Antlitz Gottes sehen"

Vom 23. - 25. November 2012 fand folgende Veranstaltung statt: „In jedem Menschen das Antlitz Gottes sehen". Das europäische friedenskirchliche Netzwerk Church and Peace, das Deutsche Mennonitische Friedenskomitee und das Mennonitische Friedenszentrum Berlin, der Internationale Versöhnungsbund/Deutscher Zweig und auch die Religiöse Gesellschaft der Freunde (Quäker) hatten dazu eingeladen. Einen Bericht über das Treffen findet man hier.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung kritisieren den Export von Rüstungsgütern nach Israel sowie die militärische Zusammenarbeit. Sie unterstützen hingegen Schritte einer glaubwürdigen Vermittlerrolle und eine stille Diplomatie. Mit dem Stichwort „gewaltfrei einkaufen" kennzeichneten die Teilnehmenden ihre Ablehnung, in den illegalen Siedlungen erzeugte Produkte zu konsumieren, sowie ihre Absicht, Produkte wie Olivenöl aus palästinensischen Betrieben im Westjordanland zu kaufen (Pressetext Church and Peace).