20111126

Neuerscheinung: Quäkertum und Judentum, 1933-1945

Über diese Veröffentlichung freue ich mich ganz besonders, da ich viel Arbeit (und Kosten) in diesen Text zu Quäkern und Juden in den Jahren 1933 bis 1945 investiert habe. Mehrmals war es notwendig geworden, Details im Londoner Quäkerarchiv vor Ort zu klären. Die Vorarbeiten gehen bis auf das Jahr 2004 zurück, und durch verschiedene Umstände und Schwierigkeiten konnte der Band erst jetzt endlich gedruckt werden:

„Ja-sagen zum Judentum“ – Die Quäker und ihr Verhalten gegenüber den Juden in Deutschland von 1933 bis 1945, in: Daniel Heinz (Hrsg.): Freikirchen und Juden im „Dritten Reich“. Instrumentalisierte Heilsgeschichte, antisemitische Vorurteile und verdrängte Schuld, Göttingen 2011, S. 34-65 (Kirche – Konfession – Religion, 54).

343 Seiten, gebunden, € 49,90 D / € 51,30 A / SFr 69,90 ISBN 978-3-89971-690-0


In meinem Beitrag geht es – kurz gesagt – erst einmal um eine theoretische Klärung des Verhältnisses von Judentum und Quäkertum überhaupt. Dann geht es im Einzelnen um die Berliner Quäkergruppe, die schon in den 1920er Jahren Juden offen gegenüberstand, und um die Wiener Quäkergruppe, wo Juden schließlich nicht einmal mehr zur Andacht zugelassen wurden.
Vor allem im Vergleich mit anderen in dem Sammelband vertretenen Freikirchen (Mennoniten, Brüderbewegung, Methodisten, Pfingstbewegung, Baptisten, die Freie evangelische Gemeinde, die Selbstständige Evangelisch-Lutherische Kirche, die Herrnhuter Brüder, die Siebenten-Tags-Adventisten sowie die Freikirchen Österreichs) waren die Quäker ein „wahres Licht“, wie es mir gegenüber einmal der Herausgeber, Dr. Daniel Heinz, ausdrückte. Die Leistungen sind beeindruckend: ein Erholungsheim im Taunus nahm KZ-Opfer auf, Quäkerschulen in den Niederlanden retteten vor allem jüdische Kinder aus Deutschland (ich gehe hier aus Platzgründen nur auf Ommen ein, zu der Quäkerschule des Ehepaares Pollatz folgt später eine eigene Arbeit), umfangreiche Emigrationshilfe wurde ebenso geleistet wie Unterstützung von jüdischen Häftlingen.
Von dieser legalen Hilfsarbeit von Quäkerorganisationen grenzt sich die Hilfe ab, die einzelne Quäker leisteten, meist legal, manchmal auch illegal. In diesem Bereich kann man bezüglich der Hilfe für Juden noch viel Neues entdecken, die Forschung ist noch lange nicht abgeschlossen.
Mein eigener Beitrag schließt mit einer strukturellen Analyse der inter- und transnationalen Quäkerorganisationen, ohne deren Gerüst die deutschen Quäker nicht so erfolgreich hätten tätig werden können. Bedauerlich ist vielleicht nur, dass schon damals die Quäker eine Art Missionsphobie hatten und mehr im Geheimen wirken wollten. Hätten die Quäker vor 1933 massiv um Mitglieder geworben und ihre Ansichten stärker in der Öffentlichkeit vertreten, dann wären möglicherweise noch mehr Juden gerettet worden.