Jan de Hartog war ein
niederländischer Autor, welcher in Haarlem am 22. April 1914 geboren wurde, wo er
auch aufwuchs. Sein Vater war Arnold Hendrik, ein Professor und calvinistischer Prediger, seine Mutter Lucretia de Hartog, eine
Universitätsdozentin mit einem Schwerpunkt auf mittelalterlicher Mystik.
In seinen Jugendjahren fuhr er
zur See, wo er viel Material für seine meist auch autobiographisch geprägten
Erzählungen gewann. Im Alter von 16 Jahren war er für ein Jahr auf dem „Koninklijk
Instituut voor de Marine“, ohne Abschluss. „Diese Schule ist nichts für
Piraten“ soll man ihm nachgerufen haben. Bis 1932 arbeitete er als Kohlenschlepper im
Amsterdamer Hafen. Gerne übernahm er die Nachtschicht, und begann, tagsüber
Kurzgeschichten und bald auch Romane zu schreiben. In diese Zeit fällt seine erste Ehe mit
Vidia, aus der eine Tochter und ein Sohn hervorgingen.
Jan de Hartog spielte auch in Filmen mit, etwa 1939 in „Ergens in Nederland“. Sein Schwerpunkt wurden Abenteuergeschichten, die überwiegend von der See oder von exotischen Ländern handelten. Auch verfasste er ab den späten 1930er Jahren Theaterstücke, meist für das Städtische Theater Amsterdam. Populäre Schauspieler konnten für seine Stücke gewonnen werden, genannt seien einmal William Holden (1918-1981), Sophia Loren (geb. 1934), Burl Ives (1909-1995) und Rock Hudson (1925-1985). 2004 wurde ihm zu Ehren in Maassluius eine Gedenkplatte angebracht, da diese Stadt mit der Seeschleppfahrt, einem Hauptthema Jan de Hartogs, eng verbunden ist.
Seine schriftstellerische Karriere begann er mit einer Reihe von einfachen Detektivromanen, die er unter dem Pseudonym „F. R. Eckmar“ herausbrachte. Später war er dankbar, dass seine im puritanischen Amerika moralisch fragwürdigen Geschichten nicht ins Englische übersetzt worden waren. Erst mit dem Buch „Hollands Glorie“ über die Erfolge der niederländischen Seeschifffahrt wurde er einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Es erschien kurz nach der Deutschen Besatzung der Niederlande und wurde als Erinnerung an bessere Zeiten und als Appell an den nationalen Stolz Hollands aufgefasst.
Mit seiner zweiten Frau Angela,
geb. Wyndham, emigrierte er während des Zweiten Weltkriegs nach London, und
dann in den frühen 1960er Jahren an Bord eines Frachters in die USA, wo er als
Schriftsteller und Übersetzer arbeitete. Er schrieb fortan in Englisch, und
wurde in den USA so etwas wie die „Stimme der Niederlande“. Anfang der 1960er Jahre, kurz nach seiner
Übersiedlung, heiratete er erneut, diesmal Marjorie
Hein. Was genau das Schicksal seiner beiden ersten Frauen war, ist nicht
bekannt. Er ließ sich in Houston nieder und besuchte das Live Oak Friends
Meeting. Nach einer Dokumentation 1964 über die Missstände in einem Krankenhaus
von Houston, dem Ben Taub Memorial Hospital (damals Jefferson Davis County Hospital) im Stile von Günter Wallraff (geb. 1942), sah er sich gezwungen, mit
seiner Familie aus der Stadt fortzuziehen.
In dieser kritischen Phase seines
Lebens schloss er sich den Quäkern an. Schon seine Mutter war mit einer
bedeutenden Quäkerin befreundet, Emma Cadbury (1875-1965), und er selbst war in
den Niederlanden früher als Pazifist aufgetreten: Der holländischen
Widerstandsbewegung hatte er sich nur unter der Bedingung angeschlossen, dass
er keine Gewalt ausüben müsse. Kontakte hatte er nach London zu den dortigen
Quäkern, so vor allem zu Corder Catchpool. Hartogs Aufgabe war vornehmlich die Judenhilfe: durch ihn konnten ca.
dreißig jüdische Babys in Zuiderzee vor dem Verschicken in Konzentrationscamps
bewahrt werden. Mehrmals war er bei der Familie Pollatz zu Gast, die
selbst jüdische Kinder in einem Heim zu retten versuchten. De Hartog konnte das
Heim vor allem durch seine Kontakte nach Amsterdam unterstützen. Zwei Mal besuchten de Hartog und M. Pollatz gemeinsam den Direktor J. Juch von der
van-den-Bergh-Stiftung für „Geistesschwache“, wie es damals hieß, in dem Seebad
Noordwijk. Diese lobenswerte sozialpädagogische Einrichtung war 1924 von der christlichen
Stiftung s’Heeren Loo gegründet worden und nach dem Stifter Willem van den
Bergh benannt. Dort gelang es, zwei der Jugendlichen aus dem sogenannten „Institut Pollatz“
unterzubringen (Das Interesse von Pollatz an Menschen mit Behinderung rührte übrigens daher, dass er selbst in seiner Kindheit ein Bein durch einen tragischen Unfall verloren hat).
Nach dem Weltkrieg protestierte
de Hartog vor allem gegen den Koreakrieg. Neben seinem Sohn hatte er zwei
Adoptivkinder, die durch diesen Krieg ihre Eltern verloren hatten. Über die
Quäker verfasste er eine Saga in drei Teilen: „t koninkrijk van de vrede“
(Königreich des Friedens), für dessen englische Ausgabe er 1972 für den
Nobelpreis nominiert wurde. 1980 folgte eine weitere Quäkererzählung: „The
Lamb’s War“, dann 1992, „The Peculier People“. Diese Serie, obwohl allgemein
beliebt, wurde von englischen Quäkern zumeist abgelehnt, weil sie das Leben des
Verfassers als zu weltlich bzw. „unquäkerisch“ empfanden – vor allem seine
Neigung, andauernd lange Geschichten und Geschichtchen zu erzählen, empfanden
viele Quäker als Belastung. Von Seiten der amerikanischen Quäker wurde ihm über
das Whittier-College 1985 die Ehrendoktorwürde verliehen.
Jan de Hartog verstarb mit 88
Jahren am 22. September 2002 in Houston, wohin er 1990 zurückgekehrt war. Er
wurde verbrannt, seine Asche am 6. Dezember 2002 in der Nordsee dem Meer
übergeben.
Hauptquelle: Hella
Sammartino: Van lichtmatroos tot schrijver: Jan de Hartog, een biografie,
Leidschendam (2011).
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