In Minden hat es im 19. Jahrhundert Quäker gegeben, und ich
bin seit Jahren in Kontakt mit verschiedenen Nachkommen, die Briefe und
Quäkerbücher in ihrem Besitz haben. Besonders gefreut hat es mich, als mir vorgestern unerwartet eine Materialsendung von Herrn Friedrich Rasche zugeschickt
wurde, mit Büchern und Briefen aus dem 19. Jahrhundert. Für solches Material
bin ich immer ganz besonders dankbar. Es wird einige Zeit dauern, bis ich das
Material ausgewertet habe, aber einen Vorgeschmack möchte ich heute doch schon
geben: eine Epistel aus dem Jahre 1833, die damals extra für eine handvoll
deutscher Quäker übersetzt und gedruckt wurde.
Die Epistel-Kultur ist ein eigenes Thema; im evangelikalen
Quäkertum machen sie mitunter ganze Bücher aus, im liberalen Quäkertum sind es manchmal
nur wenige Sätze. Die gerade von der 6. World Conference ausgegebene „Epistel“
ist wohl an Kürze und Belanglosigkeit nicht mehr zu über- (bzw. unter)bieten: „We
greet you amid the beauty of the Rift Valley, surrounded by the welcoming
embrace of Kenyan Friends. From April 17 to 25, 2012 close to 850 men and women
from all the streams of Friends, coming from 112 yearly meetings and groups in
51 countries have gathered at Kabarak University near Nakuru to consider the
theme: Being Salt and Light: Friends Living the Kingdom of God in a Broken
World“.
Diese Grußschreiben (denn das sind diese Texte eigentlich)
sahen einmal ganz anders aus. Bis noch in die 1970er Jahre waren die Epistel „echte“
Glaubensbekenntnisse, die den Leser inspirieren und vor allem religiös-spirituell
stärken sollten. Bibelzitate und eigene Gotteserfahrung standen im Zentrum,
Freizeit- und Gesellschaftsaktivitäten spielten nur am Rande, wenn überhaupt,
eine Nebenrolle. Ein gutes Beispiel dafür ist die Epistel von 1833, die uns auch heute noch etwas sagt, wenn man einmal über den veralteten
Sprachstil hinweg sieht. Der Verfasser war übrigens Samuel Tuke (1784-1857), der eine wichtige Reformanstalt für geistig und körperlich behinderte Menschen gegründet hat, das York-Retreat.
Da damals in Deutschland nur wenige Quäker lesen konnten, wurde dieser
Text nach Andachten (nicht nach den Geschäftsversammlungen) verlesen, aber
niemals diskutiert. Es waren fast „heilige Worte“ aus dem fernen London, die
damals das geistige Überleben der kleinen Quäkergemeinde in Ostwestfalen
sichern half. Hier also der Wortlaut aus der Materialsammlung Rasche: