Wer derzeit die Nachrichten verfolgt, kommt im US-Wahlkampf kaum um die Mormonen herum. Erst kürzlich las ich in der FAZ folgendes: "Er war ein Junge von vierzehn, als er an einem strahlenden Morgen in den ersten Frühlingstagen in dem kleinen Wäldchen, das Elder Garner mir gleich für einen Spaziergang empfahl, zwei Gestalten von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit erblickte. Es waren, wie er in seinem Lebensbericht schreibt, der Himmlische Vater und Jesus Christus, sein Sohn. Seit langem von Zweifeln geplagt, welcher Glaubensgemeinschaft er sich anschließen sollte, bat er die beiden um Auskunft. Keiner, bekam er zu hören, denn sie hätten alle unrecht".
Falsch, das ist nicht die Erweckungsgeschichte von George Fox (wie ich anfangs ebenfalls dachte), sondern hier wird von Joseph Smith Jr. berichtet, dem Mormonengründer.
Zwischen den ersten Quäkern und den ersten Mormonen gibt es die erstaunlichsten Parallelen, worauf ich ein andermal näher eingehen möchte. Wenig bekannt ist heute jedenfalls, das der weltbekannte Nauvoo-Temple der Mormonen auf einen Quäker zurückgeht, William Weeks:
William Weeks wurde am 11. März
1813 in Martha’s Vineyard, Massachusetts, geboren, als Sohn von James Weeks Jr.
und Sophronia Fisher. Aus seinem frühen Leben gibt es nicht viel zu berichten. Er und sein Bruder Arwin wurden bereits von ihrem Vater
in Architektur unterrichtet. In seiner Familie wuchs William als Quäker auf, trat jedoch
nach seinem Umzug in die südöstlichen Staaten zu den Mormonen über und fand
schließlich in Quincy, Illinois, eine neue Heimat. Dort heiratete er am 11.
Juni 1839 Caroline M. Allen, mit der er, wie es sich für Mormonen gehört, zehn Kinder hatte, von denen aber nur
drei das Erwachsenenalter erreichten, darunter Caroline F. Weeks Griffin. 1840
überzeugte er den Mormonenbegründer Joseph Smith (1805-1844) von einem Entwurf zu einem
Tempel (Nauvoo-Temple) der Mormonen, an dem auch unter seinem Nachfolger
Brigham Young (1801-1877) in zahlreichen Abänderungen gebaut wurde. Kurz
nachdem Weeks 1847 nach Salt Lake City gezogen war, kam es aber mit Mormonen zu
Differenzen. Im Sommer des folgenden Jahres zog er mit seiner Familie weiter
nach Osten, nahm aber zum Ärger der Mormonen alle Bauunterlagen mit sich. In Iowa erfuhr er von dem
Brand seines Bauwerkes und kehrte 1852 zurück nach Utha, doch inzwischen war
Truman O. Angell (1810-1887) mit den
Wiederaufbauarbeiten beauftragt worden. 1857 zog Weeks nach San Bernardino,
Kalifornien, und hatte zu den Mormonen bald keine Verbindungen mehr. Ob er zu den Quäkern zurückkehrte, ist nicht bekannt. Weeks hat nie wieder als Archirekt geabeitet,
sondern schlug sich jetzt als Schreiner, Müller und Milchproduzent in
Hollywood (als es noch ein kleines Dorf ohne Filmstars war) durch. Seine letzten
Lebenstage verbrachte er mit seiner Frau auf einer Ranch in Palms, wo er am 8.
März 1900 verstarb.
Mehr zu Weeks findet man hier.: Earl J. Arrington: William
Weeks: Architect of the Nauvoo Temple, in: BYU Studies, 19, 1979, S. 337-360; Thomas
Hubka: Just folks designing: Vernacular designers and the generation of form,
in: Dell Upton, John Michael Vlatch (Hrsg.): Readings in American vernacular architecture,
Athens 1986, S. 426-432.