20130602

Corder Catchpool (1883-1952)

Corder Catchpool wurde als das zweite von sieben Kindern von Thomas Kingham Catchpool und Florence Emma Pettifor (1856-1941/42) am 15. Juli 1883 in Leicester geboren. Als er zwölf Jahre alt war, zog seine Familie nach Guernsey. Hier besuchte er die Guernsey High School und anschließend, im Alter von fünfzehn Jahren, die Quäkerschule in Sidcot (Somerset). Nach zwei Jahren wechselte er zu der Bootham School in York, ebenfalls eine Schule für Quäker. Die Schuljahre waren für ihn keine leichte Zeit, doch Dank seines hervorragenden Footballspielens erwarb er sich Achtung und Anerkennung bei seinen Kameraden.
Durch seine Quäkererziehung war Corder Catchpool fest im Pazifismus verankert. Bereits seine Berufsentscheidung im Alter von neunzehn Jahren war von der Überlegung beeinflusst, den Mitmenschen zu dienen. Wegen bescheidener finanzieller Verhältnisse konnte er sich allerdings kein Medizinstudium leisten und entschied sich für die Laufbahn eines Ingenieurs. 1902 begann er eine sechsjährige Lehre zunächst bei James Holton, einem Londoner Lokomotivbauer der Great Eastern Railway und anschließend bei Greenfield Cotton Mill in Darwen, Lancashire. Parallel dazu erwarb er ein Zertifikat (B. Sc.) an der London University in dem Fach Mechanik. Diese Arbeit gab ihm keine Befriedigung. Er verkehrte häufig in den Armenvierteln Londons und kannte die Nöte der Arbeitslosen, Minderbemittelten und Kranken.
Wieder dachte er daran, ein Medizinstudium zu absolvieren, von dem er sich auch eine Beruhigung seines Gewissens erhoffte. Im Januar 1912 begann er mit Studien am Medical College des London Hospitals, nachdem er seine Anstellung bei der Eisenbahn aufgegeben hatte. Doch wieder erfüllten sich seine Hoffnungen nicht, der Medizinerberuf entsprach nicht seinen Erwartungen. Frustriert von der Doppelbelastung durch den täglichen Broterwerb und durch nächtliches Studieren gab er diese Ausbildung auf und begab sich nach Mürren in die Schweiz. Hier erholte er sich durch Skifahren und Bergsteigen. Nach seiner Rückkehr nach England begab er sich für ein Semester an das Bildungszentrum Woodbrooke (Birmingham), um Sozialwissenschaft und Religion zu studieren. Mit neu gefundenen Freunden brach er in die USA auf, wo er das amerikanische Quäkertum kennenlernte und politische, religiöse und kulturelle Themen diskutierte.
Nach seiner Rückkehr nach England arbeitete er zunächst wieder als Ingenieur. Als er mitten in den Planungen für eine Gartenstadt der Angestellten der Cadbury-Fabriken für knapp vierhundert Bewohner stand, brach der Erste Weltkrieg aus. Er gab seine berufliche Stellung sofort auf, um freiwillige Hilfsarbeit leisten zu können. In kurzer Zeit besuchte er Erste Hilfe Kurse. Mit anderen Quäkern war er an der Gründung der First Anglo-Belgian Field Ambulance, später Friends Ambulance Unit (FAU) beteiligt. Sein erster Einsatzort war Dunkirk. Hier half er an der Flandernfront französischen, deutschen und englischen Verwundeten. Viele betreute er in den letzten Stunden ihres Lebens. Zwei Jahre arbeitete er unter Lebensgefahr an der vordersten Front; oftmals holte er noch während der Kampfhandlungen verwundete Soldaten aus den Schützengräben und betreute auch Gasopfer der Schlacht bei Ypres. 1915 wurde er zum Adjutanten der FAU befördert und arbeitete in einem Büro in Poperinghe.
Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in England (Military Service [no.2] Act) sollte die Friends Ambulance Unit dem Heer unterstellt werden. Aus diesem Grund verweigerte Catchpool hinfort den Ersatzdienst und kehrte nach England zurück und wurde unter Anklage gestellt und im Januar 1917 erstmals zu 112 Tagen Gefängnis verurteilt wurde. In der Folgezeit nahm er als Totalverweigerer insgesamt eine Haftzeit von über zwei Jahren auf sich. Unter anderem saß er in den Gefängnissen in Exeter und Ipswich, wo er schwere Arbeit leisten musste, was seine Gesundheit ruinierte. Erst am 8. April 1919 wurde er endgültig entlassen. Eine Sammlung von Briefen aus diesen Jahren wurde 1918 unter dem Titel On Two Fronts veröffentlicht. Im Gefängnis fasste er den Entschluss, etwas aktiv zu der Versöhnung zwischen den Völkern beizutragen. Er entwickelte die Idee eines Quäkerzentrums in Berlin und lernte, um sich auf die Aufgaben der Nachkriegszeit vorzubereiten, die deutsche Sprache. Nach seiner Freilassung begab er sich Ende 1919 nach Berlin, um sich an der dortigen Hilfsarbeit der Quäker zu beteiligen. Er erkrankte jedoch an einer Lungenentzündung und musste gepflegt werden. Dabei lernte er die Krankenschwester Gwen Southall (1891-1972) kennen. Sie war das zweite von sechs Kindern von Wilfred und Isabel Southall und stammte aus Birmingham. Unter dem Pianisten Leonard Borwick (1868-1925) hatte sie eine Ausbildung zur Klavierlehrerin absolviert, doch ähnlich wie Corder Catchpool war sie mit ihrem Beruf wenig glücklich. Sie entschloss sich daher, Hilfsarbeit in Berlin zu leisten. 1920 heiratete das Paar in Bewdley und verbrachte im Herbst 1921 die Flitterwochen in den Schweizer Alpen. Aus dieser Ehe gingen vier Kinder hervor: die drei Mädchen Jean (geb. 1923-2001), Esther Pleasaunce (geb. 1926), Annette Christine (geb.1928) und der adoptierter Junge Neave (geb. 1929).
Obwohl Corder Catchpools bisherige unstete Lebensstil nicht auf die Zustimmung seines Schwiegervaters stieß, der als Ältester seiner lokalen Quäkerversammlung diente, ermöglichte die Heirat und die Unterstützung der Schwiegereltern dem Paar dennoch eine finanziell unbeschwertere Zukunft. Zunächst nahm Catchpool das Projekt einer Gartenstadt in Darwen (Lancashire) wieder auf, in welcher er schließlich selbst seinen Wohnsitz nahm. Zusätzliche Einnahmen verschaffte er sich durch Sprachunterricht in Deutsch und Französisch. Jedes Jahr unternahm er mit dreißig Arbeitern eine Besuchsreise nach Deutschland, die der Völkerverständigung dienen sollte. 1930 begab sich das Ehepaar mit den vier Kindern als Repräsentanten der Quäker nach Berlin. Corder Catchpool arbeitete ab Mai 1931 als Sekretär des Internationalen Quäkerbüros (Quaker International Center) in Berlin. Hier setzte sich das Ehepaar, zusammen mit dem amerikanischen Quäker Gilbert MacMaster (1869-1967), im Rahmen ihrer Möglichkeiten für Frieden und für einen gerechten Ausgleich zwischen den Völkern ein, so etwa durch eine Vortragsreise zu Friedensfragen durch das kriegszerstörte Frankreich. Zu seinen Aufgaben gehörte insbesondere die Organisation von Freizeiten und Besuchsreisen von Deutschen nach England. Sehr erfolgreich wurde auch ein kleines Heftchen Corders über das Quäkertum, das in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Nach 1933 waren die Bedingungen der Arbeit in Berlin schwierig geworden. Corder Catchpool wurde mehrmals von der Gestapo verhört und war zweimal im Berliner Polizeipräsidium am Alexanderplatz inhaftiert. Am 3. April 1933 wurde sein Berliner Wohnsitz Wannseestraße 14 am Schlachtensee fünf Stunden durchsucht. Im August 1935 unterzog ihn die Gestapo in ihrer Zentrale in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße 8 einem Kreuzverhör unter Kommissar Nickel. Die Familie stand unter Beobachtung der Gestapo und musste am Telefon, bei der Post und bei persönlichen Kontakten größte Sorgsamkeit an den Tag legen.
Um die Nationalsozialisten als Menschen besser zu verstehen, knüpfte Corder Catchpool vielfältige Kontakte und Beziehungen, auch zu den politischen Machthabern. Er sprach und korrespondierte mit dem Ministerialrat Hans Thomsen in der Reichskanzlei, dem Pressechef der NSDAP Ernst Hanfstaengl und mit Hans-Heinrich Frodien, einem Adjundant Heinrich Himmlers (1900-1945). Catchpool ging es darum, seine Gegner nicht pauschal zu verurteilen, sondern sie zunächst kennen- und verstehen zu lernen. Er bemühte sich auch, mit Adolf Hitler persönlich ein Gespräch zu führen, doch er wurde in der Reichskanzlei nicht vorgelassen. Diese Haltung kritisierten während jener Jahre einige seiner Freunde als naiv oder gar nazifreundlich. 1935 verfasste der englische Journalist Robert Dell das Buch „Germany Unmasked“, in dem ehemalige Gegner des Nationalsozialismus vorgestellt wurden, die angeblich jedoch zu Überläufern geworden waren oder zumindest indirekt Hitler unterstützten. Dell schrieb: „A typical case is that of Mr. Corder Catchpool, who lives in Berlin and was converted to Hitlerism after being arrested and imprisoned by the Nazis. He then proceeded to give lectures in various places in England, in which he explained the reasons of his conversion. The chief reason appeared to be that he had discovered that the Nazis had ideals. (...) Members of the Society of Friends and many other religious people are influenced by the belief that there is some good in everybody, as there probably is. We must try, they say, to find out what is good in the Nazis rather than what is bad.“ Corder Catchpool hingegen versuchte, durch seine Beziehungen die Freilassung verschiedener Gefangener zu erwirken, oder zumindest deren Haftbedingungen zu erleichtern. Der prominenteste dieser Häftlinge war der deutsche Pazifist Carl von Ossietzky (1889-1938), aber Catchpools Unterstützung und Einsatz galt auch Friedrich Küster (1889-1966), Ernst Heilmann (1881-1940), Hans Litten (1903-1938), Theodor Neubauer (1890-1945) und Erich Mühsam (1878-1934). Des Weiteren wurde Irmgard Litten, der Ehefrau des antifaschistischen Rechtsanwalts Hans Litten, und Rudolf Küstermeier, der 1933 die Widerstandsgruppe „Roter Stoßtrupp“ formierte, geholfen. Die Bemühungen des Engländers waren nicht erfolglos. Am 6. Juni 1935 konnte sich Catchpool für zwei Stunden im Konzentrationslager Papenburg-Esterwegen aufhalten und Ossietzky treffen. So gelangten erstenmal seit fast zwei Jahren durch Catchpool authentische Nachrichten über dessen körperlichen und seelischen Zustand an die Weltöffentlichkeit. Ossietzky wies darauf hin, dass die politische Agitation, die einige seiner Freunde im Ausland veranstalteten, besser unterlassen werden sollte. Es wäre für Ossietzky einfacher, als relativ Unbekannter die Freiheit zu erlangen denn als Träger des Friedensnobelpreises. Die Verleihung des Friedensnobelpreises wurde von dem Schriftsteller Ernst Toller (1893-1939) und Hilde Walter eifrig betrieben. Catchpool schrieb hierzu im Oktober 1936 „Von meinen Gesprächen mit der Gestapo weiß ich, wie ärgerlich man dort über all diese zweifellos oft gutgemeinten (manchmal auch mit politischen Zielsetzungen verbundenen) Interventionen ist. Es gibt deshalb meiner Meinung nach überhaupt keinen Zweifel daran, dass er gut daran tut, seine Freunde künftig um Zurückhaltung zu bitten“. In der Folgezeit betrieb Catchpool die Verlegung Ossietkys in ein Krankenhaus, da dieser an Lungentuberkulose erkrankt war und sich sein Allgemeinzustand sehr verschlechtert hatte. Einer von Catchpools größten politischen Erfolgen war die Erlaubnis von der litauischen Regierung, deutsche politische Gefangene zu besuchen. Sein Bericht über die Haftbedingungen führte nachweislich zu Verbesserungen und baldigen Entlassungen. Im Oktober 1936 entschloss sich das Ehepaar aus Rücksicht auf ihre Kinder und wegen finanzieller Schwierigkeiten, Berlin zu verlassen, was für die zurückbleibenden deutschen Quäker ein herber Verlust war. 1937/38 leitete Catchpool ein Hilfswerk tschechischer und sudetendeutscher Arbeitsloser, wofür er von der tschechischen Regierung den Orden des „Weißen Löwen“ verliehen bekam. Bis zu diesem Zeitpunkt war es ihm gelungen, vielen Juden bei der Ausreise aus dem Deutschen Reich beizustehen. Diese Arbeit ließ sich von London aus, wo er ab 1937 wieder seinen festen Wohnsitz nahm, nur schwer fortsetzen, wurde aber im Rahmen der Möglichkeiten weiterbetrieben.
Während des Zweiten Weltkrieges arbeitete Catchpool als Luftschutzhelfer und Krankenwärter in einem Londoner Arbeiterviertel. Gleichzeitig widmete er sich intensiv der Friedensfrage und arbeitete im Friends Peace Committee, im Bombing Restriction Committee und in der Peace Pledge Union mit, ebenso wie im Internationalen Versöhnungsbund, bei den War Resisters und im National Peace Council. Noch 1940 reiste er nach Holland und Belgien, um mit Politikern die Möglichkeit eines Friedens zu besprechen. Nach seiner Rückkehr nach London arbeitete er seit Herbst 1940 zwei Nächte in jeder Woche in einem Krankenhaus als Krankenträger und brachte Opfer der Bombardierung Londons aus den Ruinen in umliegende Krankenhäuser.
Nach dem Krieg verbrachte das Ehepaar wieder viel Zeit in Deutschland. Eine erste kurze Besuchsreise wurde 1946 unternommen. Seit 1947 betreuten sie dann das Rest Home in Bad Pyrmont. Die Geschichte dieser Rest Homes ist kaum bekannt: Im November 1933 war in Falkenstein ein Erholungsheim (rest home) durch den englischen Friends Service Council eröffnet worden. Es war im ehemaligen Hotel Frankfurter Hof untergebracht. Der Betreiber ermöglichte es, dass die englischen Quäker Schlafräume für ihre Gäste und einen Versammlungsraum gestellt bekamen. Besonders in der Pflicht war aufgrund ihrer räumlichen Nähe die Frankfurter Quäkergruppe, darunter vor allem Leonore Burnitz (gest. 1949), die eine Zeitlang auf Falkenstein aushalf. Die Idee zu der Einrichtung hatte Hertha Kraus (1897-1968), die selbst Erfahrungen als Flüchtling hatte. Sie regte die Gründung eines German Emergency Committee an, in dem Bertha Bracey und Helen Dixon (1865-1939) mitarbeiteten. Weitere Helferinnen waren Elisabeth Fox Howard (1892-1957) und, als Übersetzerin, Helena Rosamund Wallis (1905-2001). In Falkenstein wie später in Bad Pyrmont sollten Opfer des Nationalsozialismus eine Zeit der Ruhe und Erholung finden. Es gab täglich eine Andacht, gemeinsames Singen und Musizieren, gesellige Abende und anderes. In Einzelgesprächen wurde versucht, die „Gäste“, wie die Hilfesuchenden respektvoll genannt wurden, wieder aufzubauen. Die Kosten für Anfahrt und Aufenthalt wurden hauptsächlich von englischen Quäkern getragen. Durchschnittlich wurde man für zwei Wochen untergebracht. Es gab kein Aufnahmeverfahren, sondern ausschließlich persönliche Empfehlungen - oder Ablehnungen. Diese sprach in der Anfangszeit meist das Quäker Centre in Berlin aus, dem Corder Catchpool vorstand. Unter den ersten Gästen war Ernst Reuter (1889-1953), der spätere Regierende Bürgermeister von Berlin (West). Er bewohnte Falkenstein im Frühjahr 1934. Unter den anderen Gästen waren Quäker, dann auch Angehörige verschiedener Konfessionen, Freidenker, Juden, Sozialdemokraten und Kommunisten sowie auch ehemalige Häftlinge aus Konzentrationslagern. Nach der Eröffnung des Quäkerhauses in Bad Pyrmont zog das Erholungsheim im Sommer 1934 ebenfalls dorthin und richtete sich im St.-Josephs-Heim ein. Jedoch gab es weiterhin jedes Jahr im Frühjahr eine Möglichkeit zum Kurzaufenthalt in Falkenstein, den Helen Dixon organisierte. 1939 mussten beide Einrichtungen wegen des Todes von Dixon und des bevorstehenden Kriegsbeginns schließen, bis das Ehepaar Catchpool diese Einrichtung wiederbelebte.
1951 kehrten beide Catchpools nach Berlin zurück, um durch das Friends’ Service Council den weiteren Aufbau der Deutschen Jahresversammlung der Quäker voranzutreiben. Besonders der Kontakt zu den Quäkern in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR wurde zu einer neuen Aufgabe, der sich besonders Gwen Catchpool verschrieben hatten.
Corder Catchpools leidenschaftliches Hobby war das alpine Bergsteigen. Im September 1952 bestieg er mit seiner Frau und einem Bergführer die Zumstein- und Dufourspitze in der Schweiz. Auf dem Rückweg stürzte er und erblindete als Folge von Verletzungen. Dennoch schleppte er sich mit seinen Begleitern sieben Stunden durch ein schweres Schneegewitter. In einer Gletscherspalte auf 4100 m Höhe des Monte Rosa verstarb er am 16. September entkräftet an Herzschwäche - noch bevor die Hilfe eintreffen konnte, die seine Frau und der Bergführer bereits alarmiert hatten. Corder Catchpool wurde auf dem Friedhof in Zermatt begraben.

Corder und Gwen Catchppol

Corder Catchpool gehörte zu den Engländern, die in den schweren Zeiten zweier Kriege die Verbindung mit den Deutschen nie aufgegeben hatte. Die Grundlage für seine persönlichen Freundschaften wie für sein soziales und politisches Engagement war die Annahme, dass es in jedem Menschen etwas Gutes geben würde, das nur durch widrige Bedingungen und Umstände nicht erkennbar sei. Sein Leben war ein Zeugnis für diesen ethischen Grundsatz. In seinem Wesen lag ein konservativer, zurückhaltender Zug, gepaart mit einer gewissen Vornehmheit. Gemeinsam nahmen sich Corder und Gwen Catchpool der Nöte ihrer Mitmenschen an. Stets war ihr Wohnsitz eine Anlaufstelle für Hilfe- und Trostsuchende, für Freunde und Bekannte, für Deutsche und Engländer. Schon ihr Landhaus in Lancashire nahe der Stadt Darwen wurde ab 1920 zu einem geselligen Treffpunkt. Gleiches galt für das Haus am Schlachtensee, wo jeden Sonntag Nachmittag ein offenes Treffen stattfand, zu dem sich regelmäßig zwischen zwanzig und dreißig Besucher einfanden. Studienzirkel wurden hier eingerichtet, und Durchreisende fanden eine Unterkunft. Schon 1936 wurde das Haus der Catchpools in Hampstead am Parliament Hill in London zu einem solchen Treffpunkt. Zu den bekannteren Gästen dieses Kreises gehörten der Pazifist Philip Noel-Baker (1889-1982) und die Schriftstellerin Vera Brittain (1893-1970). Das Haus in London wurde im Frühjahr 1944 bei einem Luftangriff der Deutschen durch eine Brandbombe beschädigt. Durch den beherzten Einsatz von zufällig im Hause anwesenden Feuerwehrleuten konnte der Brand jedoch schnell gelöscht werden, und es konnte weiterhin eine Anlaufstelle für Hilfesuchende bleiben. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass in diesem Haus, das beinahe durch eine Bombe der Deutschen zerstört worden wäre, gerade rassisch Verfolgten, politischen und religiösen Flüchtlingen aus Deutschland Hilfe geleistet wurde.

(Erstveröffentlichung BBKL, Bd. 24, 2005, Sp. 423-432)

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