Es dauert nun nicht mehr lange, und der erste Band der "Quäkerbibel" wird nach jahrelanger Vorarbeit erscheinen:
Claus Bernet / Klaus Fuchs-Kittowski (Hrsg.)
Emil Fuchs: Das Evangelium nach Matthäus
Eine Auslegung des Evangeliums im Kontext von Verfolgung und Widerstand (1933–35)
Hamburg 2012, 600 Seiten,
ISBN 978-3-8300-6434-3
Es handelt sich um das Evangelium nach Matthäus, also eines der vier kanonischen Evangelien des
Neuen Testaments der christlichen Bibel. Diese Schrift enthält zentrale Passagen zur
Feindesliebe, zur Bergpredigt, zum Vater Unser und zum Weltgericht. Immer wieder
haben sich bedeutende Theologen bis heute mit diesem vielschichtigen Text
auseinandergesetzt, so Bernhard Weiß, Erich Klostermann, Ernst Lehmeyer, Eugen
Drewermann, Rainer Kampling – und so auch Emil Fuchs im Jahre 1933/34.
Emil Fuchs gehörte zu den allerersten Pfarrern in Deutschland, der Mitglied
der Sozialdemokratie wurde. Er gehört mit Leonhard Ragaz (Schweiz) und dem
frühen Karl Barth zu den Mitbegründern der Bewegung der Religiösen Sozialisten.
Mit ihrem akademischen Vertreter, Paul Tillich, stand er in engem Kontakt. Die Religiösen Sozialisten gehörten mit zu der Ersten, die vor der Gefahr des
Faschismus in Deutschland warnten. Emil Fuchs wurde 1933 seine berufliche
Position als Hochschullehrer genommen und er hatte privat schwerste
Schicksalsschläge zu bewältigen. Er ging aber nicht ins Ausland und auch nicht
in die innere Emigration, sondern er leistete aktiven Widerstand. So hielt er
die Verbindung zu den Widerstandskämpfern Ernst von Harnack und Bernhard
Göring, betätigte sich bei den Quäkern und arbeitete intensiv an seiner
Auslegung des Neuen Testamentes sowie an seiner Lebensbebeschreibung. Durch
seine Beziehungen zu den englischen und amerikanischen Quäkern, der Gründung
eines Autoverleihs, konnte er im Zusammenwirken mit dem Gefängnispfarrer von
Plötzensee und Tegel, Harald Poelchau, sowie dem Probst in Berlin, Heinrich
Grüber, Juden das Leben retten und politisch Verfolgten zur Flucht verhelfen.
Nach dem Krieg bzw. im Kalten Krieg engagierte sich Emil Fuchs in der
Friedensbewegung, insbesondere in der von ihm mit gegründeten Pager Christlichen
Friedenskonferenz, in enger Beziehung zu Albert Schweitzer, Martin
Niemöller und Josef L. Hrom`adka.
Das zentrale Werk von Emil Fuchs, welches zwischen 1934 und 1945 entstand,
ist eine kommentierte Neuübersetzung des Neuen Testaments aus dem Griechischen.
Er arbeitete intensiv an dieser Auslegung des Neuen Testaments, auch um in
dieser Zeit des Schreckens die Quäker und religiösen Sozialisten
zusammenzuhalten.
Mit dem Band zum Matthäusevangelium wird hier erstmals ein Text vorgelegt,
der eindrucksvoll belegt, dass Menschen in tiefster Not Kraft finden, Großes und
Wertvolles zu leisten. Gleichzeitig ist es eine Arbeit, die in verständlichen
Worten auch von Lesern ohne theologische Bildung gelesen und verstanden werden
kann. In der Anlage dürfte diese Exegese einzigartig sein, denn sie verbindet
den Originaltext in deutscher Übersetzung mit Passagen des Quäker-Gründers
George Fox. Diese betreffen zum einen
Zeitüberlegungen zu Friedens- und Gesellschaftsfragen, zum anderen aber
universelle ethische Überlegungen, die heute genauso ihren Wert haben wie
gestern und morgen.
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